Was Hören und Demenz miteinander gemein haben
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Am 28. März 2018 fand mit über 60 Gästen der Themenabend „Demenz und Hören“ in der Handwerkskammer Rheinhessen in Mainz statt. Veranstalter waren die Bundesinnung der HörAkustiker K.d.ö.R. (biha), die IKK Südwest und der medhochzwei-Verlag. Mit Experten und pflegenden Angehörigen von an Demenz Erkrankten beleuchteten sie den Zusammenhang von HörVerlust und Demenz aus unterschiedlichen Perspektiven. Veranstalter und Gäste freuten sich über eine gelungene, sehr informative Veranstaltung.
Mit circa 1,4 Millionen Betroffenen ist Demenz eine der am stärksten verbreiteten Erkrankungen in Deutschland. Rund 70 Prozent der von Alzheimer Betroffenen, die häufigste Form der Demenz, werden laut der Alzheimer Forschung Initiative e.V. zu Hause gepflegt. Der Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen kann besonders für Angehörige eine große Herausforderung sein.
Sie wird noch größer, wenn das Hören nachlässt und das Verstehen erschwert wird. Anlass zu dieser Sorge gibt es, denn weltweit haben Studien einen Zusammenhang zwischen HörVerlust und Demenz hergestellt.
Marianne Frickel, Präsidentin der biha und selbst spezialisierte HörAkustiker-Meisterin, warnt: „Ein unversorgter HörVerlust kann die Entwicklung einer Demenz beeinflussen.“ „Je länger wir nicht mehr gut hören, umso mehr gewöhnt sich unser Gehirn an diese Situation, wir nennen das HörEntwöhnung. Umso schwieriger wird es später, diesen Betroffenen das‚ wieder gute Hören‘ beizubringen“, erklärte sie. Das HörAkustiker-Handwerk mit bundesweit über 6.300 Betrieben leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgung und steht zugleich in einer gesellschaftlichen Verantwortung. „Wir sind Kümmerer. Und wir werden Konzepte entwickeln, um die Betroffenen zu erreichen und ganz individuell zu versorgen.“
Jakob Stephan Baschab, Haupt-Geschäftsführer der biha, beleuchtete in seinem Vortrag die verschiedenen Studien zu dem Thema HörVerlust und Demenz. Deutlich stellte er heraus, was bei einem unversorgten HörVerlust passiert. Entscheidende Areale des Gehirns werden nicht mehr beansprucht, bilden sich zurück. Eine Hypothese ist, daß auch dadurch Demenz entstehen kann. Hören kann gegen das Vergessen helfen. Die Tätigkeit der HörAkustiker zur Prävention von Demenz ist enorm wichtig. HörSysteme helfen schwerhörigen Menschen, weiter am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Umgekehrt ziehen sich vor allem ältere Menschen, die schlecht hören, oft zurück. Denn nicht gut zu hören ermüdet und überanstrengt. Die Folge ist soziale Isolation, ein bekannter Risikofaktor für Demenz. Hinzu kommt, dass viele den beginnenden HörVerlust ignorieren. Ohne Hören kann aber keine Kommunikation stattfinden. Und ohne Kommunikation keine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Roland Engehausen, Vorstand der IKK Südwest, sprach in einer Gesprächs- und Fragerunde mit Angehörigen, Pia Peter und Waltraud Klein, über ihre Erfahrungen. Gemeinsam gaben sie einen Einblick in ihren Lebensalltag als pflegende Angehörige. Eindrucksvoll schilderten sie, wie an Demenz Erkrankte allein durch das Hören wieder mehr am Alltag teilhaben konnten und wie schnell im Gegensatz dazu der Zugang zu ihnen verloren geht, wenn das Hören nicht mehr einwandfrei funktioniert. „Hören und Erinnern sind eng miteinander verknüpft“, sagt Roland Engehausen, „speziell bei Menschen mit Demenz. Für die pflegende Familie bedeutet dies viel Feingefühl im täglichen Umgang mit dem betroffenen Angehörigen. Als regionale Krankenkasse ist uns die LebensQualität unserer Versicherten in allen LebensPhasen ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund möchten wir Interessierten gern wertvolle Informationen zu diesem Thema an die Hand geben und gleichzeitig erfahren, was sie bewegt.“
Radiomacherin und Moderatorin Christine Schön stellte eine speziell auf Demenzerkrankte und ihre
Angehörigen ausgerichtete CD-Edition vor: „Ich will Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen
schöne gemeinsame (Radio)Momente schenken. Denn gemeinsames Hören ist eine ganz selbstverständliche Erfahrung von heute alten Menschen. Im Familien- und Freundeskreis saß man zusammen vor dem RadioGerät und hörte die großen Unterhaltungssendungen, Konzerte und Sportübertragungen.“ Hören hilft erinnern. Gemeinsam mit der IKK Südwest hat die biha eine Ausgabe der HörZeit – CD-Edition finanziell wie auch inhaltlich unterstützt.
Julia Rondot, Geschäftsführerin des medhochzwei-Verlags, sagte: „Wir freuen uns über die gelungene Kooperation mit der biha und der IKK Südwest zum Thema‚ HörStörungen und Demenz‘ im Rahmen unserer Audio-CD‚ Hörzeit – Radio wie früher‘ . Als Verlag möchten wir mit den Angeboten, die wir für demenziell Erkrankte und ihre Angehörigen entwickeln, vor allem die Teilhabe am alltäglichen Leben ermöglichen. Gutes Hören ist dafür von elementarer Bedeutung.“
Hintergrund zum HörAkustiker-Handwerk
In Deutschland gibt es etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer indizierten Schwerhörigkeit. Tendenz steigend. Schwerhörigkeit zählt zu den zehn häufigsten gesundheitlichen Problemen. Mit 6.300 HörAkustiker-Betrieben und ca. 15.000 HörAkustikern versorgt das HörAkustiker-Handwerk ca. 3,5 Millionen Menschen in Deutschland mit qualitativ hochwertigen, volldigitalen HörSystemen. Die Bundesinnung der HörAkustiker (biha) K.d.ö.R. vertritt die Interessen der HörAkustiker in Deutschland.
Neben der Erst-Versorgung des Kunden ist der HörAkustiker auch für die begleitende Fein-Anpassung mit wiederholten Überprüfungen und Nachstellungen der HörSystem-Funktionen zuständig. Daneben organisiert er – wenn der gesetzliche Anspruch besteht – die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenversicherungen und steht für Wartung und Reparaturen der HörSysteme bis zu einem gewissen Grad zur Verfügung.
Darüber hinaus berät er zu Gehörschutz und speziellem technischem Zubehör. Der HörAkustiker verfügt über theoretisches Wissen aus der Akustik, Audiologie, Psychologie und HörSystem-Technik und über praktische Fertigkeiten zur Audiometrie und Otoplastik.